Gute 5.000 Mal sind wir als Kind sicher hingefallen, bis wir laufen konnten. Und, war’s schlimm?

Wissen wir nicht mehr, und wenn doch, sind wir nicht müde geworden, immer wieder aufzustehen. Und der Aufwand hat sich gelohnt. Thomas Edison brauchte rund 10.000 Versuche, um die Glühbirne dauerhaft zum Leuchten zu bringen. Er meldete für über tausend Erfindungen Patente an. Und wofür kennen Sie ihn? Für die Glühlampe – die er nicht mal wirklich selbst erfunden hat.

Eines der berühmtesten Zitate von Edison ist wohl das seiner „9.999 Wege, eine Glühbirne nicht zu erfinden“. Und auch der Satz „Unsere größte Schwäche ist das Aufgeben“ wird ihm zugeschrieben. Edison sah das Weitermachen als einzige Option.

Scheitern gehört zu Ihrem Berufsleben – so oder so

Und ich? Sehe das Scheitern als Schlüssel. Wir tun uns hierzulande schwer, eine berufliche Niederlage  zu akzeptieren. Wir lassen uns vom Gefühl überwältigen, versagt zu haben. Wir zweifeln an unseren Fähigkeiten und im schlimmsten Fall sogar daran, wer wir sind und ob wir „gut genug“ sind. Gerade in Deutschland hat uns die Leistungsgesellschaft in ihren Fängen, nur positive Ergebnisse zählen. Soziale Anerkennung wird über beruflichen Erfolg definiert, „mein Auto, mein Haus, mein Boot“ beziehungsweise „mein Projekt, mein Titel, meine Position“. Niederlagen passen da nicht ins Bild, der schöne Schein muss gewahrt werden. Statt das Scheitern als das zu akzeptieren, was es ist: notwendig. Notwendig für unsere persönliche und berufliche Entwicklung. Es gehört dazu, es macht uns stärker, es eröffnet uns neue Chancen.

Kein anderes Land zelebriert eine solch ausgeprägte Abneigung, wenn es ums Scheitern geht, wie Deutschland. Und ja, ich schreibe bewusst „zelebriert“. In den USA beispielsweise herrscht dagegen eine andere Atmosphäre. Dort ist die Toleranzschwelle viel höher, Fehltritte werden viel schneller verziehen. Mehr noch: Wer in Amerika gescheitert ist und mit einer neuen Idee wieder antritt, wird gefeiert. Und angefeuert. Es scheint, als hätten die Menschen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten erkannt, dass Scheitern zum Entwicklungsprozess dazugehört. Vor allem bei Gründern. Warum? Weil wir aus den (gefühlt) größten Niederlagen am meisten lernen können. Ein Sprichwort aus Wales sagt: „Niederlagen sind die Pfeiler des Erfolgs“. Der walisische Fußballer Gareth Bale oder die ebenfalls von dort stammenden Sängerinnen Shirley Bassey und Bonnie Tyler wissen, wie das mit dem Scheitern ist. Aber auch sie haben sich nicht ermutigen lassen und sind heute Superstars. Und Sie? Können ebenfalls ein Superstar sein, wenn Sie Ihre Einstellung zum Scheitern überdenken. Der verlorene Kundenauftrag, das auf den ersten Blick missglückte Projekt: Sie öffnen Türen zu neuen Chancen und anderen Gelegenheiten. Lassen Sie die Angst hinter sich. Wer das Positive an einer Niederlage sieht, kommt weiter.

Der SOS-Plan fürs Selbstwert-Konto

Das Problem an Niederlagen und dem negativen Umgang damit sind die eigenen Gefühle. Das Selbstwertgefühl fällt auf -150, und da überhaupt wieder auf null zukommen, ist anstrengend. Wer nur Schlechtes über sein Scheitern denkt, steht nicht wieder auf. Und dabei sind Verkriechen und Verdrängen auch keine gute Wahl – die ziehen nur noch mehr nach unten. Besser ist es, wenn Sie Ihr Selbstwert-Konto gar nicht erst ins Minus rutschen lassen, oder noch besser: die Abbuchungen darauf so gering wie möglich halten. Wie das geht, verraten Ihnen diese sechs Punkte auf meinem SOS-Plan.

  1. Akzeptieren statt lamentieren. Genau jetzt ist es, wie es ist. Sie können die Situation nicht ändern. Da hilft es auch nicht, sich selbst zu beschimpfen oder in Selbstzweifeln verloren zu gehen.
  2. Analysieren statt Kopf verlieren. Decken Sie sachlich und strukturiert auf, was zum Scheitern geführt hat. Sammeln Sie Ideen, was Sie beim nächsten Mal besser oder anders machen können. Und wenn Ihnen das alleine schwer fällt, holen Sie sich einen zweiten Kopf dazu.
  3. Konzentrieren statt intonieren. Hören Sie nach einer Niederlage zügig auf, darüber zu reden. Wer ständig wiederholt, was schlecht gelaufen ist, stellt nur Schwächen in den Fokus. Besinnen Sie sich auf Ihre Stärken.
  4. Ta-dah statt To-do. Schreiben Sie daher auf, was Ihnen bereits alles gut gelungen ist. Das ist viel, viel mehr, als Sie zunächst glauben. Und verzichten Sie wenigstens einen Tag darauf, noch mehr „Verbesserungs-To-Dos“ für die Zukunft zu sammeln.
  5. Vertrauen statt zerkauen. Glauben Sie an sich und daran, dass aus einem Scheitern etwas Positives entsteht. Knabbern Sie nicht zu lange an Niederlagen. Haben Sie Vertrauen in sich selbst. Das sind Sie sich wert.
  6. Freunde statt Feinde. Umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen in dieser Situation guttun. Ob Arbeitskollegen oder Freunde. Menschen, die Ihnen dabei helfen, die ersten fünf Punkte des SOS-Plans zu beherzigen.


Kultur des Scheiterns etablieren

Kennen Sie„Fuck-up-Nights“? Dort erzählen gescheiterte Gründer und Unternehmer, was schief gelaufen ist. Ganz offen und für die, die neu gründen und Fehler vermeiden wollen. Fast allen, die dort sprechen, ist eines gemein: Sie haben sofort wieder ein neues Unternehmen gegründet, eine neue Idee zum Leben erweckt. Oft deutlich erfolgreicher als zuvor. Das zeigt, Niederlagen sind fester Bestandteil bei fast Jedem. Es ist nur die Frage, wie wir damit umgehen.

Mir geht es jetzt auch nicht darum, Scheitern als „schön“ zu positionieren. Scheitern ist sch… on auch unangenehm, und wissen Sie was? Das soll es sogar sein. Sonst würden wir es uns am Ende noch zu bequem darin machen. Wenn es aber zwickt und zwackt, wenn es weh tut, wenn es uns trifft: Dann bringt es uns dazu, zu handeln, weiterzumachen. Auf dem Weg werden wir immer wieder stolpern, schlingern, scheitern. So viel steht fest. Helfen kann dabei aber auch, eine Kultur des Scheiterns im eigenen Unternehmen zu etablieren. Denn je besser und positiver Sie mit Niederlagen umgehen – den eigenen, wie auch denen von Kolleg*innen –, umso besser für die Gute Laune im gesamten Team und die Stimmung im Unternehmen.